Du den Tag Deines Todes kennen würdest?
Würdest Du einen besonders schönen Ort auswählen oder den Tag mit Freunden und Familie verbringen? Wie würde Deine Vorbereitung aussehen?
Der Mensch und sein Wissen um die Sterblichkeit: Das Drama der Verdrängung
Das Zitat
Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das weiß, daß es sterben wird.
Die Verdrängung dieses Wissens ist das einzige Drama des Menschen.
Friedrich Dürrenmatt *1921 †1980
spricht eine fundamentale Wahrheit über die menschliche Existenz an. Es berührt den tiefsten Kern unserer Existenz und die Art und Weise, wie wir mit der unausweichlichen Realität des Todes umgehen. In diesem Artikel möchte ich die Bedeutung dieses Zitats beleuchten und die psychologischen und philosophischen Implikationen erforschen, die sich daraus ergeben.
Dieser Artikel behandelt das Ableben am Ende eines Lebens - keinen Suizid. Hilfe bi Suizidgedanken findest Du u.a. hier. Alle, wirklich alle mit denen ich gesprochen habe, bereuen ihren Suizid. Nach einem Suizid erwartet Dich auch in der Anderswelt zunächst keine bessere Situation, da Du das höchste Gut und wertvollste Geschenk – das Leben – mutwillig aufgegeben hast.
Bewusstsein der Sterblichkeit
Im Gegensatz zu anderen Lebewesen, die instinktiv handeln und deren Existenz auf unmittelbare Bedürfnisse und Überlebensmechanismen fokussiert ist, besitzt der Mensch ein Bewusstsein für die eigene Sterblichkeit.
Dieses Wissen prägt unser Leben auf tiefgreifende Weise.
Wir sind in der Lage, die Zukunft zu antizipieren, uns an die Vergangenheit zu erinnern und über den Tod nachzudenken.
Diese Fähigkeit unterscheidet uns grundlegend von anderen Tieren und macht unser Leben einzigartig.
Verdrängung als Überlebensstrategie
Die Verdrängung des Wissens um unsere Sterblichkeit kann als eine psychologische Überlebensstrategie betrachtet werden.
Wäre das Bewusstsein über den eigenen Tod ständig präsent, könnten wir möglicherweise keine alltäglichen Aufgaben erledigen oder ein normales Leben führen.
Der Existenzialismus, insbesondere durch Denker wie Jean-Paul Sartre und Martin Heidegger, betont die Bedeutung dieser Verdrängung.
Heidegger spricht von der „Seinsvergessenheit“, der Tendenz des Menschen, die eigene Sterblichkeit zu verdrängen, um sich auf die alltäglichen Sorgen und Aufgaben zu konzentrieren.
Das Drama der Verdrängung
Die Verdrängung der eigenen Sterblichkeit ist jedoch nicht ohne Konsequenzen. Sie kann zu einem tiefen inneren Konflikt führen.
Der amerikanische Psychoanalytiker Ernest Becker argumentiert in seinem Werk „The Denial of Death„, dass viele unserer kulturellen Errungenschaften und individuellen Handlungen letztlich Versuche sind, mit der Angst vor dem Tod umzugehen.
Religion, Kunst, Wissenschaft und sogar unsere sozialen Strukturen können als Mechanismen betrachtet werden, die dazu dienen, uns eine Art Unsterblichkeit zu verleihen – sei es durch die Schaffung eines bleibenden Vermächtnisses oder durch den Glauben an ein Leben nach dem Tod.
Philosophische und Psychologische Perspektiven
Verschiedene philosophische und psychologische Schulen haben unterschiedliche Ansätze, um mit dieser existenziellen Wahrheit umzugehen. Viktor Frankl, der Begründer der Logotherapie, betont die Bedeutung der Sinnfindung angesichts des Todes.
Er argumentiert, dass das Bewusstsein um die eigene Sterblichkeit den Menschen dazu anspornt, nach einem höheren Sinn und Zweck zu suchen.
Auf der anderen Seite bietet der Buddhismus eine Perspektive, die den Tod als integralen Bestandteil des Lebenszyklus betrachtet. Anstatt den Tod zu verdrängen, wird die Vergänglichkeit im Buddhismus akzeptiert und als Mittel zur Befreiung von irdischen Anhaftungen angesehen.
Schlussgedanken
Das Wissen um die eigene Sterblichkeit ist eine Bürde, die der Mensch allein trägt. Es formt unsere Kultur, unsere Werte und unsere individuellen Bestrebungen. Die Verdrängung dieses Wissens, wie das Zitat treffend beschreibt, ist ein dramatischer Akt, der tief in die menschliche Psyche eingreift.
Dennoch ist es gerade diese Verdrängung, die es uns ermöglicht, ein sinnvolles und erfülltes Leben zu führen, trotz der unausweichlichen Realität des Todes.
Das Drama der Verdrängung ist somit nicht nur eine Quelle der Angst, sondern auch eine Quelle der Motivation und der Kreativität, die den menschlichen Geist zu seinen größten Höhenflügen inspiriert.
Noch einmal zurück zur EIngangsfrage. Was würdest Du tun, wenn Du den Tag kennen würdest?